„Schrottbücher“: Negative Äußerungen eines Autors über Bücher von Wettbewerber:innen

Urteile

Es ist nicht unlauter im Sinne des UWG , wenn ein:e Autor:in Bücher von Wettbewerber:innen als „Schrottbücher“ bezeichnet, wenn eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung des Rechts auf freie Meinungsäußerung ergibt, dass eine Herabsetzung nicht vorliegt. Dabei kann sich zugunsten der äußernden Autor:in auswirken, dass nicht identifizierend, sondern nur von „schwarzen Schafen“ der Branche berichtet wird.

Sachverhalt

Die Antragstellerin vertreibt auf Amazon Ratgeberbücher unter anderem zum Thema Persönlichkeitsentwicklung. Der Antragsgegner ist Verleger und ebenfalls Autor von Büchern zur Persönlichkeitsentwicklung. Er veröffentlichte einen Beitrag mit dem Titel „Wettbewerbswidrige Schrottbücher übernehmen den Ratgebermarkt“ inklusive einer umfangreichen Darstellung zu dieser These. Nachdem das LG Frankfurt am Main bereits den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hat, ging die Antragstellerin gegen diese Entscheidung vor. Daraufhin hat das OLG Frankfurt am Main die Entscheidung des Landgerichts bestätigt.

Entscheidungsgründe

In seinem Beschluss hat das OLG Frankfurt zuerst festgestellt, dass der Autor in Wettbewerbsabsicht und nicht etwa als unabhängiger Journalist oder Blogger gehandelt hat. Denn dieser hatte den Beitrag auf einer Unternehmensseite, auf der unter anderem auch Werbung für sein neues Buch zu sehen war, veröffentlicht.

§ 4 UWG

Unlauter handelt, wer

1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2. […]

Trotzdem bestätigt das OLG die Ansicht des LG, dass ein Unterlassungsanspruch nicht besteht. Da das LG nämlich zu Recht davon ausgegangen sei, dass es an einer Herabsetzung oder Verunglimpfung fehlt.

Herabsetzung ist die sachlich nicht gerechtfertigte Verringerung der Wertschätzung der Mitbewerber:in (oder ihres Unternehmens und/oder Leistungen) durch ein abträgliches Werturteil oder eine abträgliche wahre oder unwahre Tatsachenbehauptung; Verunglimpfung ist eine gesteigerte Form der Herabsetzung und besteht in der Verächtlichmachung der Mitbewerber:in ohne sachliche Grundlage.

Hier hatte der Antragsgegner aber ausführlich seine Auffassung erörtert und mit Tatsachen fundiert, insbesondere den Begriff des „Schrottbuchs“ näher erläutert und auch näher ausgeführt, worin die „Sabotage“ bei den „Schrottbüchern“ bestünde, sowie ausführlich von mehreren Droh-E-Mails berichtet und diese zitiert sowie dargelegt, dass auch andere Rezensenten entsprechenden Angriffen ausgesetzt waren. Der Antragsgegner habe dazu ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit befriedigt, in dem er auf mutmaßliche Missstände auf der Amazon-Plattform hinweist, die mit gefälschten Bewertungen und algorithmusgesteuerten Empfehlungen einhergehen. Dies gälte erst recht, wenn durch die vom Autor dargestellten Versuche Druck auf diejenigen ausgeübt werden soll, die negative Bewertungen abgegeben haben.

Ganz erheblich war nach dem OLG zugunsten des Antragsgegner zusätzlich zu berücksichtigen, dass weder über die Antragstellerin noch über andere Wettbewerber:innen identifizierend berichtet wurde. Bei dieser Art der Berichterstattung wird das Interesse eines Mitbewerbers erheblich weniger beeinträchtig, als wenn er durch die Herabsetzung individuell identifiziert wird.

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Text der Entscheidung:

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.03.2022 – 6 W 14/22 bei openjur

Weiterführende Links zum Thema „Schrottbücher“:

„Wie Fake-Experten den Ratgebermarkt bei Amazon erobern“ von Irene Gronegger auf heise.de

„Die Zerstörung der Fake-Ratgeber (auf Amazon)“ von Jan Höpker auf habitgym.de. Jan Höpker hat sich auch ausführlich mit Fake bzw. gekauften Rezensionen auf Amazon auseinandergesetzt: „Die Zerstörung der Fake-Rezensionen (auf Amazon)“.

Ein aktueller Artikel im Börsenblatt berichtet vor dem Hintergrund neuer Möglichkeiten der Generierung von Content mittels Künstlicher Intelligenz über Fake-Ratgeber „Der Missbrauch nimmt bedrohliche Ausmaße an“ (Börsenblatt+)

Der Autor

Tilman ist seit 2016 als Rechtsanwalt tätig und seit 2020 Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Er vertritt Unternehmen und Persönlichkeiten aus der Verlags-, Musik- und Unterhaltungsbranche sowie aus Kunst und Kultur in allen Bereichen des Urheber- und Medienrechts.